Mikroorganismen als Energiespender

Alles auf Alge

Algen

Eiscreme, Yoghurt, Zahnpasta? Alles doch ganz lecker, oder? Dass diese Lebens- und Pflegemittel oft Algen enthalten, die im Rohzustand eher nach Fisch und Meer riechen – darauf kommt kaum jemand. Aber Algen sind nicht nur ein beliebter Zusatz in der Lebensmittelindustrie. In zehn Jahren könnten sie eine entscheidende Hilfe bei zwei wichtigen Herausforderungen der Gegenwart leisten: der Bindung von CO2, das bei der industriellen Produktion anfällt, und der Gewinnung von Treibstoffen aus Biomasse. Die Erforschung der einzelligen Mikroalgen läuft darum auf vollen Touren – bisher werden nur 160 Artenarten profitabel genutzt, es gibt aber wohl über 400.000.

Algenreaktor

Algen sind hervorragend für die Energieerzeugung geeignet, weil sie die Photosynthese mit einem besonders hohen Wirkungsgrad betreiben. Während bei anderen Pflanzen nur die grünen Blattzellen mit Hilfe von Licht energiereiche Stoffe aus energieärmeren Stoffen erzeugen, sind bei der Alge alle Zellen an diesem Prozess beteiligt. Sie wachsen deshalb zehnmal schneller als die höheren Landpflanzen. Das kann zur Herstellung unterschiedlicher Energieträger eingesetzt werden, beispielsweise Biotreibstoffe oder Wasserstoff.

Algenfäden

Die gezielte Bewirtschaftung der Kleinstpflanzen hat gerade erst begonnen: Weniger als 10.000 Tonnen wurden in den vergangenen Jahren weltweit industriell hergestellt. In Zukunft soll sich das ändern, auch dank besserer industrieller Prozesse: In den heutigen Reaktoren schwimmen die Algen in durchsichtigen Röhren oder Platten – dort sind aber nur die Pflanzen an der Oberfläche optimal mit Licht versorgt. Es gilt also, die Oberfläche möglichst groß im Verhältnis zum Wasservolumen zu machen. Dazu müssen die Reaktoren zu winzigen „Mikroreaktoren“ schrumpfen. Eine andere Möglichkeit ist ein intelligenter Lichttransport zu den Algen, ähnlich wie in einem Glasfasernetz. Durch solche Verbesserungen steigt die Effizienz der Anlagen, so dass einer industriellen Kultivierung kaum noch etwas im Wege steht.

Algenfeld

Länder mit einer hohen Sonneneinstrahlung eignen sich besonders für die Erzeugung von Biomasse aus Algen. Pro Hektar und Jahr könnten dort in Zukunft bis zu 100.000 Liter Öl produziert werden. Der Einsatz von CO2-Abgasen (z.B. aus Kraftwerken) kann die Ausbeute deutlich beschleunigen – und die Umwelt schützen: Ein Quadratkilometer Algenkulturen kann den CO2-Ausstoß eines Kraftwerks um 20.000 bis 30.000 Tonnen jährlich verringern. Diese hohe CO2-Bindefähigkeit macht Algen für die Entwicklung nachhaltiger Umwelttechnologien zu einem hoch interessanten Stoff.

So rückt die Algenkultivierung immer mehr ins Zentrum der Forschung. Die Überlegenheit gegenüber bisherigen Biorohstoffen wie Raps, Palmöl oder Sonnenblumen zeigt sich auch in dem geringen Flächenverbrauch. So würden 230.000 Hektar – nur zwei Prozent der deutschen Ackerfläche – genügen, um den gesamten jährlichen Dieselbedarf zu decken. Raps benötigt im Vergleich 22 Millionen Hektar. Außerdem brauchen die Algen keine Düngemittel.