Kernspaltung
Kernspaltung: Rätselhafte Energie
Ende 1938 entdeckten Otto Hahn und Fritz Straßmann in Berlin die Kernspaltung. Die beiden suchten nach "Transuranen" (Kernen, die schwerer sind als Uran) und schossen dafür Neutronen auf Urankerne. Oft fanden sie zu ihrer Überraschung aber leichtere Kerne – sie erklärten sich das zunächst damit, dass die Neutronen kleine Teile aus dem schweren Urankernen heraus geschlagen hatten. Das passte aber nicht zu ihren Messungen: Es schien vielmehr, als zerfalle das Uran in zwei etwa gleich große Bruchstücke – es war als „würde man ein Haus zur Explosion bringen, indem man einen Ball durchs Fenster wirft“, wie ein Physiker spottete. Lise Meitner, kurz zuvor vor den Nazis aus Berlin nach Schweden geflohen, lieferte gemeinsam mit ihrem Neffen Otto Robert Frisch die Erklärung des Phänomens.
Meitners und Frischs Theorie: Wenn der Urankern mit Neutronen beschossen wird, gerät er aus dem Gleichgewicht und nimmt zuerst die Form einer Hantel an. Die beiden Enden der Hantel (zwei mittelschwere Atomkerne) trennen sich dann voneinander und fliegen mit großer Energie auseinander. Außerdem entstehen Neutronen, die weitere Kerne spalten können. In einer Atombombe geschieht diese Kettenreaktion unkontrolliert, in Kernkraftwerken ist sie vom Menschen „gezähmt“ und dient der Stromproduktion.
Umstrittene Energiequelle
Die Kernspaltung setzt gewaltige Energiemengen frei, denn die Masse der Spaltprodukte ist geringer als die des Urankerns – die Differenz wird nach der Formel E=mc2 in Energie verwandelt. Bei der Hiroshima-Atombombe betrug dieser „Massendefekt“ weniger als ein Gramm und war dennoch groß genug, eine ganze Stadt zu zerstören. Kernkraftwerke gelten als CO2-freie Alternative zu Kohle- oder Gaskraftwerken, aber auch sie bergen Gefahren: Bei einem Störfall kann Radioaktivität austreten. Zudem weiß niemand, wo der radioaktive Abfall langfristig gelagert werden soll.